Geburt und Ausbildung

Im Atelier Johannes Wehlisch wird Günter Gerhard Lange von 1935 bis 1938 als Reklame-Zeichner ausgebildet
Für das Kaufhaus Bensberg in Frankfurt/Oder ist Günter Gerhard Lange 1938 bis 1939 als Plakatmaler tätig
1921

Günter Gerhard Lange wird am 12. April 1921 in Frankfurt an der Oder im östlichen Brandenburg in Deutschland geboren.

1935

Im Alter von 14 Jahren beginnt GGL 1935 eine dreijährige Lehrzeit als Reklame-Zeichner im Atelier Johannes Wehlisch in Frankfurt/Oder.

1938–39

Im Kaufhaus Bensberg in Frankfurt/Oder ist Günter Gerhard Lange als Plakatmaler tätig.

1939

Für das Modehaus Gustav Zeeck in Kolberg arbeitet GGL zwei Monate als Plakatmaler.

Zäsur: 2. Weltkrieg

1939

Mit dem deutschen Überfall auf Polen bricht am 1.9.1939 der 2. Weltkrieg in Europa aus.

1939

Günter Gerhard Lange meldet sich als Kriegsfreiwilliger und wird eingezogen.

1940

Nach schwerer Verwundung in Frankreich und einer Beinamputation wird Günter Gerhard Lange aus dem Kriegsdienst entlassen.

Studium

Prof. Walter Tiemann (1876–1951) | Foto: Klingspor-Museum
Prof. Georg Belwe (1878–1954) | In: Archiv für Buchgewerbe, Heft 7/9 1914
Prof. Hans Theo Richter (1902—1969) | SLUB Dresden, Deutsche Fotothek, Margot Schaal
1941–45

Beginn des Studiums an der Staatlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig. GGL studiert Kalligraphie und Schriftgestaltung, Satz und Druck bei Professor Georg Belwe (1878–1954) sowie Zeichnen, Malerei, Radierung und Lithographie bei Professor Hans Theo Richter (1902–1969). Sein Studium schließt er mit Auszeichnung ab.

1945–49

Freischaffend in Leipzig als Maler und Graphiker, Schriftgestalter und Typograph in Leipzig tätig. Zusätzlich wird GGL Assistent von Prof. Walter Tiemann.

1949

Im Oktober siedelt Günter Gerhard Lange nach West-Berlin um. An der Hochschule für bildende Künste Berlin studiert er Freie Malerei bei Prof. Paul Strecker und Zeichnen bei Prof. Hans Ullmann.

Eine Radierung von Günter Gerhard Lange aus dem Jahr 1947 | Bestand Kirsten Solveig Schneider
Eine Radierung von Günter Gerhard Lange aus dem Jahr 1947 | Bestand Kirsten Solveig Schneider
Pinselzeichnung von Günter Gerhard Lange, 1948 | In: Philipp Luidl [Hrsg.]: G.G.L., 1983

H. Berthold AG

»[…] Ich war damals bei Berthold mit der Absicht angetreten, so gute Schriften zu schaffen wie die Monotype. Das fand helles Entsetzen. Der damalige Direktor rief: ›Wissen Sie denn überhaupt, was Sie da sagen? Monotype ist eine Weltmacht!‹ […].«

Günter Gerhard Lange, novum 09/08, 2008

Günter Gerhard Lange in Berlin, 1953
1950

Günter Gerhard Lange wird freier Mitarbeiter bei der H. Berthold AG, Schriftgießerei und Messinglinienfabrik, Berlin.

1952–60

Parallel zu seiner Tätigkeit für die H. Berthold AG ist Günter Gerhard Lange Dozent für typographische Gestaltung an der Meisterschule für Graphik Druck und Werbung in Berlin.

1958

Berthold stellt die erste Fotosetzmaschine »Diatype« 1958 auf der Drupa vor.

1960

Günter Gerhard Lange wird Künstlerischer Leiter der H. Berthold AG in Berlin, Stuttgart, München. Ab Januar 1961 im Angestelltenverhältnis.

1960–65

Mit der Verlegung von Produktionssegmenten der H. Berthold AG nach Stuttgart wohnt und arbeitet GGL fünf Jahre im Zweigwerk Stuttgart.

1965

Ab 1965 in Taufkirchen bei München. GGL ist verantwortlich für das gesamte Schriftenprogramm im Blei- und Fotosatz der H. Berthold AG, Prokurist und Künstlerischer Direktor.

Günter Gerhard Lange und Bernd Möllenstädt im Berthold Atelier in Taufkirchen, undatiert
Günter Gerhard Lange in Brentford, Middlesex bei Heidelberg UK, Oktober 1983

Der Lehrer

1970–71

An der Fachschule für Industriewerbung und Absatzförderung in Kassel hat er das Lehrfach Typographik inne.

1972–74

GGL hält Gastvorlesungen an der Kunstschule Alsterdamm Hamburg.

1973–82

Als Dozent für visuelle Kommunikation an der Werbefachlichen Akademie München.

1974–2006

32 Jahre ist Günter Gerhard Lange Dozent für visuelle Kommunikation an der U5, Akademie für graphische Gestaltung in München.

1997–2006

Lehrbeauftragter in Wien, Universität für angewandte Kunst, Meisterklasse Prof. Lürzer, Schwerpunkt Werbung, Lehrfach Typographie.

»[…] In jedem Menschen steckt eine latente Begabung. Die herauszufinden ist meine Aufgabe als Lehrer. Wenn hundert Leute sagen, der/die kann nichts, hat schlechte Noten, die Schule geschmissen — ist alles egal. Jetzt ist die Stunde Null, fangen wir an. […]«

Günter Gerhard Lange, novum 03/06, 2006

1989

GGL wird mit dem Frederic W. Goudy Award des Rochester Institute of Technology (RIT) ausgezeichnet.

1990

Günter Gerhard Lange geht offiziell in den Ruhestand. Nach wie vor hält er zahlreiche Vorträge und ist weiterhin als Dozent und Berater aktiv. Zum 100. Jubiläum der Typographischen Gesellschaft München (tgm) wird GGL zum Ehrenmitglied ernannt.

1992

GGL wird Ehrenmitglied des Art Directors Club für Deutschland.

1993

Die H. Berthold AG meldet Konkurs an. Ein Jahr nach dem Konkurs der Firma gelangen Firmenunterlagen und eine große Anzahl von Objekten aus den Bereichen Blei- und Fotosatz in das Deutsche Technikmuseum Berlin.

1996

GGL wird Ehrenmitglied der Allianz deutscher Designer (AGD).

2000

Günter Gerhard Lange wird Künstlerischer Berater für die Berthold Types Limited, USA und erhält die Medaille des Type Directors Club New York.

2003

Günter Gerhard Lange wird von der Stadt München mit dem Designpreis ausgezeichnet.

2008

Günter Gerhard Lange stirbt 87-jährig am 2.12.2008 in Großhesselohe bei München.

Was bleibt

2009

Die Typographische Gesellschaft München (tgm) veranstaltet »TDC und GGL – Vernissage und Ausstellung der 55. TDC-SHOW Günter Gerhard Lange gewidmet«. Am 24. Juli 2009 findet eine GGL-Soiree mit kurzen Statements und Geschichten zu Günter Gerhard Lange statt.

2011

Der künstlerische Nachlass von Günter Gerhard Lange geht durch die Vermittlung von Kirsten Solveig Schneider an das Technikmuseum Berlin.

2013

Die »Berthold-Bibliothek« aus dem Nachlass von Bernd Möllenstädt (1943–2013), Günter Gerhard Langes Nachfolger bei der H. Berthold AG geht an das Technikmuseum Berlin.

2021

»100 Jahre GGL«: Günter Gerhard Langes Geburtstag jährt sich zum 100 Mal.

Der »8daw« — Streifzüge durch den Wandel #30 Sondernewsletter vom 11.4.2021 widmet sich Günter Gerhard Lange.

Ihm zu Ehren geht die Website »gglange.org« an seinem Geburtstag am 12.4.2021 live.

Die Typographische Gesellschaft München (tgm) ehrt ihn mit einem Blogbeitrag und veranstaltet eine Zoom-Geburtstagsfeier am 12.4.2021 um 19 Uhr.

Günter Gerhard Lange: die Biographie in Kurzform

Günter Gerhard Lange (12.4.1921—2.12.2008) zählt zu den weltweit wichtigsten Schriftgestaltern des 20. Jahrhunderts. GGL, so sein bekanntes Kürzel, studierte an der Staatlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig von 1941–45 Kalligraphie und Schriftgestaltung, Satz und Druck bei Georg Belwe sowie Zeichnen, Malerei, Radierung und Lithographie bei Hans Theo Richter. Nach dem Studienabschluss mit Auszeichnung arbeitete er in Leipzig zwischen 1945 und 1949 als freischaffender Maler und Graphiker und wurde zusätzlich Assistent von Walter Tiemann. Im Oktober 1949 siedelte Günter Gerhard Lange nach West-Berlin um und setzte seine akademischen Studien bei den Professoren Paul Strecker und Hans Ullmann an der Hochschule für bildende Künste in Berlin fort.

1950 begann GGLs Tätigkeit für die H. Berthold AG, die über vier Jahrzehnte währen sollte: zunächst als freier Mitarbeiter entwarf er Bleigussschriften für den Handsatz, u. a. Derby, Solemnis, Boulevard, Regina, Champion und die Arena. Schon ab 1952 begann bei der H. Berthold der allmähliche Umbau von Blei- auf Fotosatz. Günter Gerhard Lange setzte sich für die Übertragung des Schrifterbes der Bleiguss-Ära in die neue Technologie des Fotosatzes, später in digitale Techniken ein. 1960 wurde er zum Künstlerischen Direktor der Berthold AG ernannt, ab 1961 in Festanstellung.

In dieser Periode schuf er fast 100 Originalschriften mit Referenzcharakter, wie beispielsweise die Concorde, die Akzidenz Grotesk Buch und die Imago, eine ganze Reihe von fotosatzkompatiblen, später auch digitalisierten Adaptierungen und Neuinterpretationen historischer Schriftschnitte wie etwa die Garamond, die Walbaum-Antiqua, die Caslon und die Bodoni Old Face.

Neben seiner Tätigkeit für die H. Berthold AG unterrichtete er u.a. in Berlin, Kassel, München und Wien und hielt zahlreiche Vorträge im In- und Ausland. Sein oft provozierender Vortragsstil und seine drastische Rhetorik brachten Günter Gerhard Lange den Titel »Maschinengewehr Gutenbergs« ein.

Günter Gerhard Lange wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a mit dem »Frederic W. Goudy Award« (1989), der »TDC-Medal« des Type Directors Club New York (2000), dem Designpreis der Stadt München (2003), und wurde Ehrenmitglied zahlreicher Berufsverbände und Vereine (AGD, BDG, tgm).

Weiterführende Literatur

G.G.L.: Günter Gerhard Lange (1983)

Eine Jahresgabe der Typographischen Gesellschaft München (tgm). Zusammengestellt, herausgegeben und Günter Gerhard Lange gewidmet von Philipp Luidl. Mit Beiträgen unter anderem von Stefan Heym, Manfred Klein, Roswitha Quadflieg, G. W. Ovink, Arnold Ihlenfeldt und Hermann Zapf.

Typografische Monatsblätter, Sonderheft Günter Gerhard Lange (2003)

Die langjährige Wegbegleiterin, Journalistin und Fachautorin Yvonne Schwemer-Scheddin führt in diesem Sonderheft ein aufschlussreiches Interview mit GGL. Mit 48 reich bebilderten Seiten ist dies die bislang umfangreichste Publikation über sein Leben und Werk.

Literatur

  1. Philipp Luidl [Hrsg.]: G.G.L.: Günter Gerhard Lange. Zusammensgestellt, herausgegeben und Günter Gerhard Lange gewidmet von Philipp Luidl. München: Typographische Gesellschaft München, 1983.

  2. Yvonne Schwemer-Scheddin: »Gelebtes Leben ist gelebte Schrift«. In: Deutscher Drucker, Nr. 17, 2. Mai 1991. Seite g34 – g36.

  3. Yvonne Schwemer-Scheddin: »Ein azyklischer Geburtstagsgruß«. In: vier Seiten, Mitteilungen der Typographischen Gesellschaft München e.V., Ausgabe 17, März 2002. Seite 1–2.

  4. Typografische Monatsblätter, 71. Jahrgang, Heft 2. Sonderheft Günter Gerhard Lange. Zürich, 2.2003.

  5. Yvonne Schwemer-Scheddin: »Schrift, die spröde Geliebte – verlassen«. In: vier Seiten, Mitteilungen der Typographischen Gesellschaft e.V.,Ausgabe 39, März 2009. Seite 1–3.

  6. Wolfgang Beinert: Lange, Günter Gerhard. In: Typolexikon.de, Das Lexikon der Typografie. Online verfügbar unter https://www.typolexikon.de/lange-guenter-gerhard/, abgerufen am 31.3.2021.

Abbildungen

  1. Frankfurt (Oder), Stadtansicht. Foto: Trinks und Co. GmbH Leipzig, 1921

  2. Briefbogen Atelier Johannes Wehlisch. Bestand Kirsten Solveig Schneider

  3. Postkarte Kaufhaus Bensberg in Frankfurt Oder. Bestand Kirsten Solveig Schneider

  4. Frankreich, erste Hilfe für Verwundeten, Juni 1940. Foto: Bundesarchiv Bild 101I-054-1531-11

  5. Die Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig. Quelle: Archiv für Buchgewerbe, Heft 12/1937

  6. Prof. Walter Tiemann. Quelle: Klingspor-Museum Offenbach

  7. Prof. Georg Belwe. Quelle: Archiv für Buchgewerbe, Jahrgang 1914, Heft 7/9

  8. Prof. Hans Theo Richter, 1959. Foto: SLUB Dresden, Deutsche Fotothek, Margot Schaal

  9. Radierung von Günter Gerhard Lange, 1947. Bestand Kirsten Solveig Schneider

  10. Pinselzeichnung von Günter Gerhard Lange, 1948. Quelle: Philipp Luidl [Hrsg.]: »G.G.L.«, 1983

  11. H. Berthold AG Firmeneingang. Quelle: H. Berthold [Hrsg.]: 100 Jahre Berthold, 1958

  12. Günter Gerhard Lange in Berlin, 1953. Quelle: Philipp Luidl [Hrsg.]: »G.G.L.«, 1983

  13. Günter Gerhard Lange und Bernd Möllenstädt im Berthold Atelier in Taufkirchen, undatiert. Bestand Kirsten Solveig Schneider

  14. Günter Gerhard Lange in Brentford, Middlesex bei Heidelberg UK, Oktober 1983. Bestand Kirsten Solveig Schneider

  15. Günter Gerhard Lange 1991. Foto: Werner Hiebel, alphapress

  16. Günter Gerhard Lange in seiner Atelierwohnung in der Neubeuerner Straße, 2003. Foto: IMAGO/HRSchulz

  17. Günter Gerhard Langes Bibliothek in der Neubeuerner Straße, 2006. Foto: Kirsten Solveig Schneider