Olf Leu über Günter Gerhard Lange

Olaf Leu

Erinnerungen eines Typobruders
GGL, wie auch Kurt Weidemann, waren schon sehr früh meine »Typobrüder«. GGL der Ältere, in diesem Jahr 100, Weidemann in diesem Jahr 99, Leu in diesem Jahr 85. Ich also der Jüngste in diesem Dreiergespann und eine Generation jünger.

GGL begegnete mir im März 1957 anlässlich meiner »ausstellung typografie« und einem meiner ersten Vorträge, die ich naiv aber voller Tatendrang – Weidemann würde sagen »Naivität setzt Entschlusskräfte frei« – vor den anwesenden Typobrüdern und Typoschwestern des Veranstalters gehalten habe, dem Faktoren Bund Berlin in der Berliner Hasenheide. GGL verewigte sich in meinem damals geführten Gästebuch. Der handschriftliche Eintrag, eine ganze Seite lang, war Kritik, Ermahnung und Kompliment zugleich (so meine Erinnerung) für einen »aufstrebenden« 20-Jährigen.

In den Jahren und Jahrzehnten danach begegnete ich GGL mehrere Male. So in New York anlässlich meiner Ausstellung »Die Kalender von Olaf Leu« in der ITC-Gallery. Als einer der für eine Mitgliedschaft erforderliche Pate habe ich damals GGL die Mitgliedschaft im TDC NY ermöglicht. Mitte der 80er-Jahre war GGL auf mein Wunsch hin der Eröffnungsredner meiner Ausstellung des Gesamtwerkes in der Fachhochschule Augsburg. Leider gibt es hierzu kein Manuskript. In den späten 90er-Jahren begegnete ich GGL als wir beide Referenten bei Scheufelen-Papier in Lenningen waren.

Eine etwas »unschöne« Begebenheit mit GGL: In Hamburg während eines Typokongresses verlangte ich in einem Diavortrag von GGL lautstark »bessere und aktuellere Diabeispiele«. In der Tat, es waren damals teils grottenschlechte und einseitig gewählte Beispiele. ABER: Man tut so etwas nicht mit dieser öffentlichen Bemerkung. Ich habe mich hinterher bei GGL für diese Missetat entschuldigt.

GGL war immer seinem Thema – die Schrift – treu geblieben. Es war die konservative Ansicht, die Liebe zum Detail, die Liebe zum Handwerk, seine Korrekturen an Schriftentwürfen waren mit die exaktesten, die je geschaffen.

WAS würde GGL HEUTE anlässlich seines 100., zum Vorhandensein von im Internet haarklein aufgeführten 10.000 Namen von Schriftentwerfern sagen (siehe Klingspor Museum, Hoefer und Reichardt)?*

GGL, die Stimme, der Auftritt, die ganze Person: unverwechselbar und wichtig für Generationen. Eine Stimme der Vernunft und der Disziplin.

GGL – ein Typobruder.

Olaf Leu

Foto: Michi Bundscherer

*Gemeint ist hier das digitale Schriftarchiv des Klingspor-Museum mit über 10.600 Viten von Schriftentwerfen, das ehrenamtlich von Otmar Hoefer und Hans Reichardt erstellt wurde:
http://www.klingspor-museum.de/index.html